WpI MaRisk 2025 mit ILAAP-Anforderungen – Das müssen mittlere Wertpapierinstitute jetzt tun
1. Warum das Thema jetzt wichtig ist
Mit der Veröffentlichung der WpI MaRisk 2025 und den SREP-Leitlinien der EBA/ESMA (EBA/GL/2022/09, ESMA35-42-1470) rückt die Liquiditätssteuerung stärker in den Fokus der Aufsicht.
Die Bundesbank verschickt aktuell Fragebögen zur Liquiditätssteuerung an alle Wertpapierinstitute – mit Abgabefrist 12. August 2025.
Das Ziel: Einheitliche Verfahren zur Bewertung von Liquiditätsrisiken und zur Sicherstellung einer jederzeit ausreichenden Liquidität – abgestuft nach Größe, Art und Risikoprofil Deines Instituts.
Das Proportionalitätsprinzip spielt eine zentrale Rolle:
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Kleine Wertpapierinstitute benötigen keinen formalen ILAAP.
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Mittlere Wertpapierinstitute müssen einen vollständigen Internal Liquidity Adequacy Assessment Process (ILAAP) einrichten.
Thema | Kleine WpI – Kernpflicht | Mittlere WpI – Kernpflicht | Nachweis / Prüfbezug |
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ILAAP | Kein formaler ILAAP erforderlich | Formaler, dokumentierter ILAAP Pflicht | ILAAP-Handbuch, Governance-Doku; BTR 3, AT 4; §39(1) WpIG, §45(1) Nr.4 WpIG, §47(2) WpIG; SREP (EBA/GL/2022/09) |
Liquiditätsplanung | Einfache Szenarien; Übersichten bei Bedarf | Mehrstufige Planung kurz-/mittel-/langfristig | Planungsmodell, Annahmen-Log; Managementfreigaben; BTR 3 |
Stresstests | Mind. 1 adverses Szenario/Jahr | Regelmäßig (mind. quartalsweise) & anlassbezogen | Stresstestberichte, Maßnahmenpläne; SREP-Fragenkatalog |
Liquiditätspuffer | Angemessen, risikoorientiert | Definierte Pufferstrategie und Monitoring | Puffer-Policy, Limits, KPIs (z. B. Survival Period) |
Notfallpläne | Nicht zwingend schriftlich | Schriftlich fixiert und regelmäßig getestet | Notfall-/Funding-Plan, Testprotokolle; BTR 3 |
Reporting | Schlank, qualitative Einschätzung | Umfassend, quantitativ, SREP-fähig | Management-Reports, Board-Memos; SREP-Leitlinien |
Dokumentation & Governance | Übersichtlich, risikoorientiert | Vollständig, revisionssicher, kennzahlenbasiert | Dokumentenlenkung, Revisionsspur; AT 4 |
Bundesbank-Fragebogen | Frist beachten; nach gelebten Prozessen ausfüllen | Frist beachten; detailliert & konsistent ausfüllen | NExt-Portal Upload bis 12.08.2025; Dateiname beibehalten; Szenarien/Prozesse konsistent |
Häufige Fehler | Kein dokumentiertes adverses Szenario; unklare Zuständigkeiten | ILAAP nur „auf dem Papier“; fehlende Anlass-Stresstests; Notfallplan ohne Test | Abstellmaßnahmen & Verantwortlichkeiten im Maßnahmenplan festhalten |
Fahrplan | Proportional umsetzen, Prozesse schlank dokumentieren | ILAAP etablieren, Tests/Reporting rhythmisieren | Klassifizierung prüfen; Lücken schließen; Auditfähigkeit sicherstellen |
2. Was ist der ILAAP – und warum betrifft er nur mittlere WpI?
Der ILAAP ist der interne Prozess zur Beurteilung der Angemessenheit der Liquidität.
Er umfasst Strategien, Verfahren und Methoden, um sicherzustellen, dass Dein Institut jederzeit zahlungsfähig ist – auch in Stresssituationen.
Die WpI MaRisk nennen den Begriff „ILAAP“ nicht explizit. Dennoch enthalten sie in BTR 3 (Liquiditätsrisiko) und AT 4 (Risikomanagement) Anforderungen, die den ILAAP-Zielen entsprechen.
Die gesetzliche Basis:
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§ 39 Abs. 1 Satz 3 WpIG: Deine Mittel müssen so angelegt sein, dass jederzeit Zahlungsbereitschaft gewährleistet ist.
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§ 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 WpIG: Liquiditätsrisiken müssen angemessen gesteuert werden.
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§ 47 Abs. 2 WpIG: Aufsichtliche Bewertung der Liquidität im Rahmen des SREP.
Das heißt konkret:
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Mittlere WpI: formaler, dokumentierter ILAAP ist Pflicht.
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Kleine WpI: vereinfachte Liquiditätssteuerung reicht – solange sie aufsichtsfest ist.
ILAAP nach WpI MaRisk 2025: Anforderungen für mittlere WpI
Bereich | Was die Aufsicht abfragt (Fragebogen) | Erwartung für mittlere WpI (ILAAP) |
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Geschäftsmodell | OTC-Aktivitäten? Clearing über Clearing-Mitglieder? Treuhandkonten für Kunden? | Beschreibung der Märkte/Handelsplätze, Clearing-Setup und Treuhandkonten inkl. Liquiditätsimplikationen im ILAAP-Handbuch. |
Liquiditätsrisikoinventar | Welche Liquiditätsrisiken werden berücksichtigt? (z. B. Funding-, Markt-, Refinanzierungs-, Intraday-Risiko) – Tabelle mit Risikotyp, Betrag, Limit, Berechnungsmethode. | Vollständiges Risikoinventar mit Limitrahmen, Methoden (Formeln/Parameter) und regelmäßiger Limitüberwachung/Reporting. |
Währungsliquidität | Relevanz von FX-Liquiditätsrisiken; welche Währungen sind materiell? | Materialitätskriterien, Währungslimits, Stress-Betrachtung je Hauptwährung, Konsolidierung ins Gesamtbild. |
Intraday-Risiko (Berücksichtigung) | Wird Intraday-Liquiditätsrisiko (Abweichungen der Tagesliquidität) berücksichtigt? | Formale Verankerung im ILAAP, tägliches Monitoring und Schwellen/Alarme. |
Intraday-Kennzahl | Gibt es eine interne Kennzahl? Wie oft wird sie berechnet? | Definierte KPI (z. B. Intraday-Gap/Net Cash at Risk) mit min. täglicher Berechnung und Management-Review. |
Liquiditätsressourcen | Qualität/Bestand der liquiden Mittel; Monetarisierbarkeit (Zeit bis Liquidität). | Eligibility-Kriterien, Haircuts, Standorte/Bindungen; klare Prozesse zur raschen Liquidisierung. |
Stressphasen – Monetarisierung | Wie viel kann in Stressphasen monetarisiert werden über Zeitfenster: 1 Tag, 2 Tage, 1 Woche, > 1 Woche? | Quantifizierte Stresstest-Ergebnisse je Bucket (inkl. Annahmen/Haircuts), Maßnahmenpläne bei Shortfall. |
Intraday unter Stress | Werden Intraday-Verfügbarkeiten auch unter adversen/Stress-Bedingungen betrachtet? | Szenarien (advers/stress) mit Intraday-Prognosen; Tests gegen Abfluss-Spitzen und Cut-off-Risiken. |
Liquiditätsplanung | Existiert eine Planung? Wie weit reicht der Horizont? | Rollierende Planung kurz/ mittel/ langfristig (z. B. tages-/wochen-/monatsbasiert) mit dokumentierten Annahmen. |
Organisation | Welche Organisationseinheiten verantworten die Liquiditätsplanung? | Geklärte Verantwortlichkeiten (1st/2nd Line), Eskalationswege und Management-Einbindung. |
Prognose – Risiken | Prognose der Liquiditätsrisiken (t0/t1 etc.) nach Risikotypen. | Forecast-Tabellen mit Summen/Trends je Risikotyp; Abgleich mit Limits und Stress-Ergebnissen. |
Prognose – Ressourcen | Prognose der Liquiditätsressourcen/Komponenten (t0/t1 etc.). | Ressourcen-Forecast (Bestandteile, Beträge, Monetarisierungsfähigkeit) inkl. Gap-Analyse. |
3. Unterschiede zwischen kleinen und mittleren Wertpapierinstituten
Thema | Kleine WpI | Mittlere WpI |
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ILAAP | Nicht erforderlich | Pflicht |
Liquiditätsplanung | Einfache Szenarien, Liquiditätsübersichten bei Bedarf | Vollständige Planung kurz-, mittel- und langfristig |
Stresstests | Adverses Szenario einmal jährlich | Regelmäßige & anlassbezogene Stresstests |
Notfallpläne | Nicht zwingend schriftlich | Schriftlich fixiert & getestet |
Berichterstattung | Schlank, qualitative Einschätzung | Umfassend, quantitativ, SREP-fähig |
Dokumentation | Übersichtlich, risikoorientiert | Vollständig, revisionssicher, kennzahlenbasiert |
4. Anforderungen für kleine Wertpapierinstitute
Auch ohne ILAAP musst Du aufsichtliche Mindestanforderungen erfüllen:
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Entwicklung konservativer Szenarien für die Liquiditätssteuerung
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Überprüfung der Zahlungsfähigkeit auch in Stresssituationen (BTR 3)
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Falls notwendig: Liquiditätsübersichten erstellen
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Dokumentation in schlanker, aber klarer Form
Best Practice für kleine WpI:
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Jährliche Risikoanalyse mit adversen Szenarien
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Frühwarnindikatoren wie Einlagenabzug oder Kreditlinienausfall
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Verantwortlichkeiten klar festlegen
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Übersichtliche Liquiditätsmatrix
5. Anforderungen für mittlere Wertpapierinstitute
Für Dich als mittleres WpI gelten erhöhte Anforderungen:
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Formaler ILAAP mit klar definierten Prozessen
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Detaillierte Liquiditätsplanung auf verschiedenen Zeithorizonten
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Regelmäßige Stresstests (mind. quartalsweise)
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Analyse der Refinanzierungsquellen
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Strategie für Liquiditätspuffer
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Notfallpläne mit Testläufen
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Vollständige Dokumentation & Reporting für die Aufsicht
Best Practice für mittlere WpI:
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ILAAP-Handbuch erstellen
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Management aktiv einbinden
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Stresstests regelmäßig aktualisieren
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Kennzahlen laufend überwachen (Liquidity Coverage, Survival Period)
6. Die Rolle der SREP-Leitlinien
Die SREP-Leitlinien der EBA/ESMA definieren den Rahmen, wie die Aufsicht Deine Liquiditätssteuerung prüft.
Prüfungsschwerpunkte:
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Angemessenheit der Liquiditätsressourcen
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Wirksamkeit der Steuerungsprozesse
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Fähigkeit, auch unter Stress zahlungsfähig zu bleiben
Für mittlere WpI ist der ILAAP ein zentrales Prüfungsobjekt.
Für kleine WpI gilt: Auch ohne ILAAP kann die Aufsicht Detailtiefe einfordern, wenn Dein Risikoprofil dies erfordert.
7. Der aktuelle Bundesbank-Fragebogen
Die Bundesbank setzt die neuen SREP-Vorgaben um und hat allen WpI einen individualisierten Excel-Fragebogen zugesandt.
Ablauf:
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Abruf des Templates im NExt-Portal („Aufsichtliche Umfragen“)
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Vollständige Ausfüllung nach aktuell gelebten Prozessen
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Upload im NExt-Portal (nicht über Dialogfunktion)
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Dateiname unverändert lassen, Versionsnummer nur bei Korrekturen anpassen
Inhalt des Fragebogens:
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Liquiditätsrisikoprozesse
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Szenariobetrachtungen / Stresstests
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Liquiditätspuffer
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Notfallmaßnahmen
Wichtig: Fehlende oder unvollständige Antworten können zu aufsichtlichen Maßnahmen führen.
8. Umsetzungsschritte für kleine WpI
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Liquiditätsstrategie festlegen
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Adverses Szenario entwickeln (z. B. Einlagenabzug, Kreditlinienausfall)
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Einfache Frühwarnindikatoren implementieren
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Dokumentation im Liquiditätskonzept festhalten
9. Umsetzungsschritte für mittlere WpI
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ILAAP-Handbuch erstellen
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Mehrstufige Liquiditätsplanung einführen
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Stresstests regelmäßig und anlassbezogen durchführen
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Notfallpläne entwickeln und testen
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Regelmäßiges Management-Reporting etablieren
10. Häufige Fehler und wie Du sie vermeidest
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Kleine WpI:
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Kein dokumentiertes adverses Szenario
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Fehlende Verantwortlichkeiten
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Mittlere WpI:
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ILAAP nur formal, nicht gelebte Prozesse
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Keine anlassbezogenen Stresstests
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Notfallpläne ohne Testlauf
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11. Fazit – Dein Fahrplan
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Jetzt prüfen, ob Du kleines oder mittleres WpI bist
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Anforderungen der WpI MaRisk 2025 proportional umsetzen
- Prozesse aufsichtsfest dokumentieren
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Liquiditätssteuerung proaktiv weiterentwickeln